Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Botschafter von Geyr anlässlich der Einweihung des Kunstwerkes „Fragment der Berliner Mauer – Ende der Teilung Deutschlands und Europas 1990“

Einweihung Kunstwerk „Fragment der Berliner Mauer – Ende der Teilung Deutschlands und Europas 1990“

Einweihung Kunstwerk „Fragment der Berliner Mauer – Ende der Teilung Deutschlands und Europas 1990“, © Nikita Markov

10.10.2020 - Rede

Samstag, 10.10.2020, 12:00 Uhr im Skulpturenpark MUZEON

Здравствуйте, Добрый день. Ich begrüße Sie sehr herzlich an diesem sonnigen Tag zu einem ganz besonderen Ereignis. Wir sind ein kleiner Kreis heute, aber es ist ein großes Ereignis. Wir sind ein kleiner Kreis, weil wir neben der Pandemie immer noch aufpassen müssen und auch aufpassen wollen.

Ich darf begrüßen meine Botschafterkollegen, den stellvertretenden Außenminister der Stadt Moskau; Herrn Krasnizkij, den stellvertretenden Generaldirektor aus dem Außenministerium; und die Vertreter des Gorki-Parks.

Wir treffen uns hier heute mit diesem Kunstwerk aus einem dreifachen Anlass. Wir haben vor wenigen Tagen den Deutschen Nationalfeiertag gefeiert: „30 Jahre wiedervereinigtes Deutschland“. Deutschland hat derzeit die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne und wir haben begonnen mit dem Deutschlandjahr in Russland.

Wir haben in der Botschaft lange überlegt, wie können wir transportieren, wie können wir zeigen die Gefühle der Deutschen beim Gedanken auf 30 Jahre Wiedervereinigung. Und vor allem, wie können wir das den Menschen hier in Russland, in Moskau, zeigen.

Wir haben mit Tatjana Ludanek, eine russische Künstlerin gebeten, die dies auf ganz famose hervorragende Weise dargestellt hat.

Frau Ludanek, Sie haben mit der Sensibilität einer russischen Künstlerin ein grandioses Kunstwerk geschaffen. Vielen Dank.

Dieses Kunstwerk lädt alle ein, sich Gedanken zu machen. Das sind ganz bestimmt sehr vielfältige Gedanken.
Ich möchte gern vier meiner Gedanken mit Ihnen teilen.

Mein erster Gedanke: Das Kunstwerk ist ein Stück der Berliner Mauer, etwas Kaltes, ein Symbol des Kalten Krieges der so schmerzlichen Teilung meiner Hauptstadt, meines Landes, und des ganzen europäischen Kontinents. Vor 30 Jahren haben mutige Menschen in der damaligen DDR diese Mauer durchbrochen, überwunden, und sie haben dies friedlich geschafft. Wir Deutschen waren in dem Moment unbeschreiblich froh, glücklich, wir waren überwältigt. Der Riss in der Mauer zeigt dies, er macht das Abweisende, das Kalte zu einem Symbol des Miteinanders, der Freude. Der Blick durch die Mauer ist der Blick nach vorne.

Mein zweiter Gedanke: Für mich war die Berliner Mauer auch immer das Symbol der Teilung Europas. Sie hat einen zutiefst europäischen Charakter. Sie spiegelt die Geschichte Europas, des vergangenen Jahrhunderts mit all ihren Untiefen und Höhen. Ich sage hier in Moskau: diese Geschichte ist unsere gemeinsame Geschichte. Der Fall der Mauer wäre vor 30 Jahren nicht gelungen ohne die mutigen Menschen in Polen, Ungarn, der damaligen Tschechoslowakei, in den baltischen Staaten und und und …

Der Wunsch und der Wille der Menschen nach Freiheit war stärker als Mauer und Stacheldraht. Dieser Wille und Wunsch war unaufhaltsam. Und 1990, vor 30 Jahren, wäre die deutsche Wiedervereinigung nicht gelungen ohne die vier Siegermächte Frankreich, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und auch die damalige Sowjetunion. So ist es auch ein sehr europäisches Kunstobjekt: es zeigt den Blick nach vorne, auf das Miteinander, der Gang durch die Mauer fordert zum Miteinander auf.

Moskau möchte ich ganz besonders betonen. Ohne Moskau wäre damals der friedliche Fall der Mauer nicht gelungen. Es wäre die deutsche Wiedervereinigung im verhandelten Konsens nicht gelungen. Es wäre der friedliche Fall des „Eisernen Vorhangs“ quer durch Europa nicht gelungen. Für mich galt dies als ein großer einzigartiger Beitrag für ein friedliches gemeinsames Europa, für das wir sehr dankbar bleiben.

So steht dieses Kunstwerk hier in Moskau auch für das, was gemeinsam möglich ist und möglich war. Auf der Rückseite des Kunstwerkes sind Bilder, ich lade Sie dazu ein, sich diese anzusehen. Es sind Impressionen des Gemeinsamen, von Deutschen, von Russen, von Europäern, auch Amerikanern. Sie sehen die Kunst Kandinsky’s, gemalt in München. Die Musik Rostropowitsch‘s am Tage nach dem Fall der Mauer in Berlin. Gemeinsame Forschung im Packeis, im Weltall. Sie sehen deutsche und russische Kinder, die gemeinsam hier in Moskau zur Schule gehen. Und Sie sehen gemeinsame Politik: Hier in Moskau wurde der Zwei-Plus-Vier-Vertrag unterzeichnet, der die deutsche Einheit möglich gemacht hat.

All diese Impressionen zeigen die Kraft des Miteinanders von Menschen: Deutschen, Russen, Europäern, die sich nahe sind, weil sie sich aufeinander verlassen konnten.

Das Miteinander funktioniert, wenn sie sich aufeinander verlassen können und darauf, dass Regeln eingehalten werden und wenn man sich mit Respekt begegnet.

Damit zu meinem vierten und letzten Gedanken: Für mich steht dieses Objekt auch für die vielen kleinen oder größeren Mauern in unseren Köpfen, bestimmt auch in meinem. Es steht für die Mühe, diese Mauern zu überwinden und für die Freude, wenn sie denn mal überwunden worden sind und Gemeinsamkeit möglich wird. Dieser Gedanke ist mir gerade heute besonders wichtig und er gilt überall: „The World is too small for Walls.“

Ich danke Ihnen nochmal, Tatjana Ludanek, für dieses Kunstwerk und für Ihr Einfühlungsvermögen als Russin, als Europäerin und als Weltbürgerin.

Ich danke den Verantwortlichen des Gorki-Parks der Stadt Moskau für die Unterstützung, allen die beteiligt waren von der Botschaft, meinen Kolleginnen und Kollegen, ganz besonders Ihnen, Frau Schapowalowa, Sie haben sich sehr bemüht und mit sehr viel Geduld dieses Projekt verfolgt.

Und dieses Projekt ist ja auch Teil des Deutschlandjahres. Des Deutschlandjahres, mit dem wir zu den Menschen kommen wollen. Für mich ist das ein Kunstwerk des Optimismus.

Ich hoffe, dass es viele Menschen hier in Moskau interessiert, berührt und einfach nur freut.

Vielen herzlichen Dank!

nach oben