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„Was bewegt mich ganz besonders zum 08. Mai“

Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Géza Andreas von Geyr

Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Géza Andreas von Geyr, © Deutsche Botschaft Moskau

Rede

Videoansprache des Botschafters von Geyr für die digitale Rubrik des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. „Der 8. Mai bedeutet für mich...“

„Was bewegt mich ganz besonders zum 08. Mai.

Ich möchte Ihnen mit drei Bildern antworten.

Das erste Bild ist ein Foto eines Verwandten. Es ist ein junger Mensch, noch nicht erwachsen, vielleicht 16-17 Jahre alt, den ich nie kennenlernen durfte, der den Krieg nicht überlebt hat. Ich weiß um den Schmerz seiner Eltern und seiner Geschwister. Das ist ein Schmerz von vielen, von vielen Millionen, den dieser Krieg, der von deutschem Boden entfacht worden ist, mit sich gebracht hat. Welch kolossaler Schmerz.

Ein zweites Bild, das ich im Kopf habe, ist Anfang des Jahres gewesen. Meine ersten Reisen als deutscher Botschafter zum Gedenken im ehemaligen Stalingrad und zu den Holocaust-Gedenkfeiern hier in Russland. Keine einfachen Wege für einen deutschen Botschafter. Und wie dankbar war ich für, im ehemaligen Stalingrad bei den Gedenkfeierlichkeiten, gütige und wohlwollende Blicke der Menschen, deren Stadt ja so unglaublich verwundet war, mir gegenüber als deutschen Botschafter. Und wie dankbar war ich auch für einen wohlwollenden, dankbaren Händedruck einer sehr betagten Dame, hier in Moskau, die als Kind der Hölle entkommen ist, während viele ihrer Familienmitglieder ausgelöscht wurden.

Ein drittes Bild, das ich im Kopf habe. Das war eine Diskussion Ende vergangenen Jahres hier an einer Universität in Russland mit russischen Studenten. Wir haben diskutiert und geredet über vieles, auch über das Gedenkjahr 2020, auch über die Fragen im Zusammenhang mit dem 8.-9.Mai. Und nach der Diskussion, völlig überraschend für mich, kam eine Studentin auf mich zu, mit der Frage: Was ist wichtiger, Frieden oder Freiheit? Welch eine grandiose Frage und wie schwierig zu beantworten.

Aber wie unglaublich wichtig, dass wir darüber reden mit den jungen Leuten in Russland, in Deutschland, überall, und dass wir erklären Europa, das Einigungswerk, das nach dem zweiten Weltkrieg gelungen ist als Friedensprojekt. Gerade auch um den jungen Leuten zu zeigen: Ja, beides muss sein! Beides muss sein, Frieden und Freiheit, und beides kann, wenn wir es richtig machen, in Europa, auf unserem großen Kontinent, der geprägt war über Jahrhunderte von Kriegen und Konflikten, beides kann zusammen funktionieren.“

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