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Videogrußwort von Außenminister Heiko Maas bei der XVI. Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz „Kommunale und Regionale Verbindungen stärken – Horizonte erweitern“

28.06.2021 - Rede

Vor über 100 Jahren hatte ein Mann in Kaluga eine kühne Vision. Viele Zeitgenossen hielten ihn für verrückt – denn er träumte von nichts weniger als der Reise zu den Sternen.

Sie ahnen, wen ich meine: Konstantin Ziolkowski – den berühmten Bürger Ihrer Stadt, der mit seinen Forschungen zu einem Vordenker der heutigen Raumfahrt wurde.

Sein Leben zeigt: Was heute unmöglich scheint, kann morgen Realität werden. Dafür braucht es Weitsicht und den Mut, neue Wege zu gehen.

Das gilt für die Wissenschaft – aber auch, meine Damen und Herren, für die Diplomatie und das Verhältnis zwischen Menschen und Nationen.

Vergangene Woche haben wir des 80. Jahrestags des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion gedacht.

Nach den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs schien es undenkbar, dass die Staaten Ost- und Mitteleuropas Deutschland einmal die Hände zur Versöhnung reichen würden.

Aber Weitsicht und Mut haben die Aussöhnung zwischen den Menschen in unseren Ländern heute zu einer Realität gemacht – und dafür wird Deutschland immer dankbar sein.

Dabei profitieren wir davon, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland auf ein ungewöhnlich breites Fundament gebaut sind – von der Zivilgesellschaft und Unternehmen bis zu Universitäten und Studentinnen und Studenten.

Für diese engen Kontakte über Berlin und Moskau hinaus stehen zudem ganz besonders Sie – die Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Gemeinden und Städten in unseren beiden Ländern.

Wir zählen mittlerweile über 100 deutsch-russische Städtepartnerschaften. Viele davon pflegen ihre Kontakte seit Jahrzehnten – und haben so zehntausende Deutsche und Russen zusammengebracht.

Genau dieser Austausch ist aktuell besonders wichtig. Denn Sie alle kennen die politische Großwetterlage: Wir durchleben stürmische Zeiten im deutsch-russischen Verhältnis.

Und in den vergangenen Monaten ist es leider nochmals dazu gekommen, dass Vertrauen verloren ging – mit der zunehmenden Repression gegen Opposition und Zivilgesellschaft in Russland oder Hacker-Angriffen auf Ziele in Deutschland und Europa.

Umso positiver bewerten wir jüngste Signale größerer Dialogbereitschaft aus Moskau.

Denn: Aus meiner Sicht ist die Antwort auf die Turbulenzen in unseren Beziehungen nicht weniger, sondern mehr Dialog zwischen Deutschland und Russland.

Das bedeutet aber, offenen Austausch zuzulassen – und zwar gerade auch zwischen den Zivilgesellschaften.

Abschottung und Betätigungsverbote schüren falsche Vorurteile und Zerrbilder.

Und nur offene Gesellschaften und ein freies Miteinander schaffen Raum für Kreativität und neue Ideen.

Deshalb ist uns diese 16. deutsch-russische Städtepartnerschaftskonferenz als Teil unseres laufenden Deutschlandjahrs in Russland ganz besonders wichtig.

In Ihren Diskussionen werden Sie den Blick in den kommenden Tagen auf die gemeinsamen Herausforderungen lenken, vor denen unsere beiden Länder stehen:

Die Pandemie und ihre Folgen für unsere Wirtschaft und unsere Gesundheitssysteme,

den technologischen Wandel und die Digitalisierung,

und den Umwelt- und Klimaschutz, mit der energiepolitischen Transformation hin zu Erneuerbaren Energien.

Meine Damen und Herren,
es läge im Interesse Deutschlands und Russlands, gemeinsam Antworten auf eben diese Herausforderungen zu suchen.

Denn mehr noch als Konstantin Ziolkowski vor 100 Jahren leben wir in einer Zeit rasanten Wandels, in der heute Realität wird, was gestern noch unmöglich schien.

Wir müssen nicht gleich wie er nach den Sternen greifen – aber doch mit Mut und Weitsicht neue Wege gehen.

Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg und alles Gute!

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