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Ansprache Botschafter von Geyr beim Weihnachtskonzert in der St. Peter und Paul Kathedrale Moskau

Weihnachtskonzert der Deutschen Botschaft

Weihnachtskonzert der Deutschen Botschaft, © Nikita Markov

10.12.2022 - Rede

Stenogramm der Rede

Liebe Freunde,

ich begrüße Sie alle sehr herzlich zum traditionellen Weihnachtskonzert der Deutschen Botschaft.

Botschafter von Geyr
Botschafter von Geyr© Nikita Markov

Zunächst Ihnen, Erzbischof Proworow, vielen Dank, dass wir auch in diesem Jahr bei Ihnen zu Gast sein dürfen und für Ihre wohltuenden Worte.

Das verschneite Moskau glänzt und leuchtet bereits zum Jahresende und diese schöne Kathedrale ist weihnachtlich geschmückt.

Man spürt die Vorfreude auf das Fest und hat zum Jahresende Sehnsucht nach dem Gewohnten, Vertrauten, nach Gutem, nach Friedvollem, nach Fröhlichkeit.

Zugleich spüren und wissen wir alle, dass in diesem Jahr alles anders ist.

Es ist kein Frieden und Fröhlichkeit fällt schwer. Das Land in dem wir leben führt seit Monaten einen unbarmherzigen Angriffskrieg gegen seinen Nachbarn. Auch in dieser Stunde leiden und sterben dort Menschen.

Und so sehr auch versucht wird, die Verantwortung für Krieg und Frieden zu vernebeln und an andere zu verteilen, so ist und bleibt diese Verantwortung doch ganz klar.

Der Krieg ist für die unmittelbar betroffenen Menschen unerträglich und er ist weit darüber hinaus eine unfassbare Tragödie.

Wir alle sind betroffen.

So menschlich der Wunsch ist, diese Schwere aus dem täglichen Leben auszublenden, oder dies an einem Abend wie heute einfach unerwähnt zu lassen, so sehr ist dies doch nicht möglich.

Der Krieg lastet uns allen auf der Seele, die Wahrheit schmerzt.

Wahrheit, auch wenn sie schmerzt: dazu passt, dass der Organisation Memorial heute der Friedens-Nobelpreis übergeben wurde. Memorial gehört, in meinen Worten, zum Gewissen dieses Landes.

Vor Kurzem habe ich in der Nähe von Moskau ein Kloster besucht. Es war Abend und wir waren fast allein, ein Mönch hat gesungen, die Stimmung war unendlich friedlich.
Ich bin lange vor einem alten, großen, eindrucksvollen Ikon gestanden, das das Jüngste Gericht zeigt.

Ein Mönch hat mir danach erklärt, wie er seine Berufung versteht: den Menschen zur Seite zu stehen, gerade wenn es schwer ist. Er ist bereit, gemeinsam mit Leidenden auch der bittersten Wahrheit ins Auge zu blicken. Er ist bereit, den Schmerz der Wahrheit zu teilen. So kann er die Menschen dann begleiten auf dem Weg der Hoffnung auf das Bessere, das Gute, das Friedliche.

Für mich war diese Begegnung ein Stück Weihnachten in dieser so schwierigen Zeit, eine Begegnung der Zuversicht, ein Blick auf einen wirklichen Frieden, um den es uns geht.

Ein Blick auf einen Frieden, den jeder auch in sich selbst finden muss – und kann. Dabei tut Gemeinsamkeit gut und gibt Halt.

Diese Hoffnung und Zuversicht sehen wir auch, wenn wir hier in der Kathedrale auf die Weihnachtskrippe blicken und diese Hoffnung und Zuversicht, das ist mein Wunsch, werden wir auch spüren, wenn wir heute gemeinsam wunderbare Musik hören.

Gemeinsam, das heißt: Russen, Deutsche, Menschen aus West und Ost, von überall.

Wir hören und spüren die Kraft der Musik, die zusammenführt und nicht trennt, die verbindet und nicht spaltet.

Das braucht die Welt und das brauchen wir - hier.

Unser heutiges Programm spiegelt dies hervorragend wieder: zwei russische Organisten, Maria Tscherepanowa und Andrej Schejko, international erfolgreich und mehrfach ausgezeichnet, spielen für uns Werke bedeutender Komponisten aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Liechtenstein.

Sie werden unterstützt durch den Knabenchor aus Dubna unter der Leitung von Olga Mironowa - ein Chor, der seit vielen Jahren mit meinem Land verbunden ist durch eine Patenschaft des Rhein-Neckar-Kreises im Südwesten Deutschlands.

Und wir werden auch ein Stück aus dem Werk eines der wichtigsten zeitgenössischen russischen Komponisten hören: Rodion Shshedrin. Er feiert in wenigen Tagen seinen 90. Geburtstag, lebt seit Langem auch bei München und ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin.

So soll dieses Programm Ausdruck sein der kreativen Kraft, die vom Kulturaustausch ausgeht. Das Programm zeigt das kulturell so reiche Europa, das offen und zugänglich sein und bleiben möchte und muss: für alle.

Liebe Gäste, freuen wir uns nun gemeinsam auf einen schönen weihnachtlichen Konzertabend.

Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Freunden ein besinnliches und friedvolles Weihnachtsfest.

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