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„Titanen on Tour“: Pferdetreck aus Deutschland in Kaliningrad - Kaltblüterpferde als Botschafter für Verständigung

Pferdetreck aus Brück wird in Kaliningrad begrüßt, © Kaltblut Zucht- und Sportverein Brück e.V.
Der Kaltblut Zucht- und Sportverein Brück e.V. begibt sich in der Zeit vom 18. Juli bis zum 9. Oktober 2018 auf eine außergewöhnliche und anspruchsvolle Reise der Begegnung und Völkerverständigung. Mit 8 Planwagen, gezogen von Rheinisch-Deutschen Kaltblutpferden, soll die abenteuerliche Reise vom brandenburgischen Brück über Polen, Kaliningrad und das Baltikum bis in die russische Millionen-Metropole Weliki Nowgorod führen.
„Mit der Tour wollen wir Botschafter für Verständigung und gegen Unwissenheit, Hass und Unverständnis, dafür für ein wertvolles, freies und versöhntes Europa sein“, sagt Thomas Haseloff, Vorsitzender des Kaltblut Zucht- und Sportvereins.
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite Titanen on Tour
Am 4. Oktober wollen die Titanen in Weliki Nowgorod in Russland ankommen. Über 2000 Kilometer müssen die 18 Pferde und das insgesamt etwa 70-köpfige Team bis dahin zurücklegen. Die Tagesetappen sind zwischen 30 und 35 Kilometer lang, alle acht bis zehn Tage wird ein Ruhetag eingelegt.
Der Treck erreichte am Samstag, 18. August 2018, Kaliningrad und wurde auf der Dominsel durch Gouverneur Alichanow, Landwirtschaftsministerin Schewzowa, Kultur- und Tourismusminister Jermak, Vertreter der Stadtverwaltung, Vertreter des Deutschen Generalkonsulats und einem Vertreter der Geistlichkeit begrüßt.
Eine Teilnehmerin schrieb diesen bewegenden Bericht über den Aufenthalt des Friedenstrecks in Kaliningrad:
„Ich selber begebe mich gerade nach Riga, um von dort aus bis Weliki Nowgorod mitzufahren.
Am 16.08.2018 verließen wir schon im Morgengrauen das Gestüt Liski, um pünktlich an der polnisch-russischen Grenze zu sein. Schon an der polnischen Grenze wurden wir ruhig und zuvorkommend angefertigt. Die Pferde standen brav in einer Reihe. Auf der russischen Seite ist dann das in meinen Augen historische Foto entstanden:
Es zeigt mich zusammen mit 4 russischen Zöllnern vor unserem Bäckerwagen.
In dieser Kutsche wird das Friedensbrot transportiert. Nachdem mit Hilfe eines Zöllners alle Dokumente ausgefüllt waren, durften wir die Grenze passieren.
Ungeduldig wurden wir schon von einer kleinen Menschengruppe, der Presse und dem russischen Fernsehen empfangen. Ich wurde gebeten, “Guten Tag Russland!„ in die Kamera zu sagen. Das habe ich dann auch fröhlich auf Deutsch und auf Russisch gerufen.
Die Menschen, denen wir am ersten Tag begegneten, schauten uns an wie Außerirdische.
Aber schon am nächsten Morgen kam ein Bericht über unsere Mission im Fernsehen.
Von nun an war die Reaktion der Menschen überwältigend!
Die Zustimmung und Anerkennung für unser Tun beschränkte sich nicht nur auf das freundliche Winken. Man verbeugte sich, zeigte Daumen hoch, schmiss Handküsse , zeigte angedeuteten Händedruck und rief uns Worte der Begeisterung zu. Abends wurden wir überall herzlich willkommen geheißen.
Bei einem Ausflug nach Tharau erzähle uns die Museumsleiterin die Geschichte von Ännchen von Tharau und von den belgischen Kaltblütern. Am interessantesten für mich war ihre eigene Geschichte: Sie zeigte uns auf alten Fotos ihre Großeltern, Onkel und Tanten. Die Familie vereinte Litauer, Letten, Deutsche und Weißrussen. “Alle Menschen lebten hier friedlich vereint. Die Menschen wollten keinen Krieg! Und so ist das auch heute.„ Das waren ihre Worte.
Der Höhepunkt im Oblast Kaliningrad war unser Empfang vor dem Dom. Wir wurden empfangen wie Berühmtheiten. Ich habe erwachsene Menschen und auch Kinder weinen sehen vor Freude. Das war sehr bewegend! Dann ermöglichte man uns, umschichtig das Orgelkonzert im Dom zu besuchen. Ich will hier nicht verschweigen, dass meine Tränen flossen. Draußen die begeisterten Menschen und im Dom die gewaltigen Klänge, die ein berühmter Organist der größten Orgel entlockt. Das kehrt das Innerste nach außen.
Am nächsten Tag gab es eine Führung durch Kaliningrad. Die Worte unserer Reiseführern Irina, deren Tochter in Potsdam lebt, werde ich nie vergessen: “Überall wächst eine neue Generation heran. Schöne Kinderchen, die keinen Krieg mehr wollen! „
Eines von diesen schönen Kinderchen ist der 9-jährige Ruslan, den ich in Polessk beim Empfang getroffen habe. Er kam an unsere Kutsche und fragte, ob ich etwas russisch verstehen würde. Als ich das bejahte, hielt er mir eine kleine Rede. Er betonte, wie sehr er sich freue, dass wir mit den Pferden zu ihnen gekommen sind, und dass er uns Glück und Gesundheit für die weitere Reise wünscht. Als wir den Platz verließen, um zum Nachtquartier der Pferde zu fahren, sprang er flink auf unseren Bäckerwagen. Freudig rief er seinen Schulkameraden zu: “Wir sehen uns in Weliki Nowgorod!„
Ich radebrechte mit ihm auf Russisch, und er erklärte mir seine Stadt. Geduldig umschrieb er die Worte, die ich nicht verstand und war sichtlich stolz darauf, mir zu helfen, meinen Vokabelschatz zu erweitern. Bei der Ankunft war ich dann umringt von Kindern! Aufgeregt stellten sie tausend Fragen zu den Pferden. Und trotz lückenhafter Sprachkenntnisse konnten wir uns bestens verständigen! Ruslan war inzwischen nach Hause gelaufen, um ein Stück Konfekt als Geschenk für mich zu holen.
Und dann war da noch Nastja. Eifrig und umsichtig half sie mir bei der Versorgung der Pferde und versicherte mir, dass sie Pferde über alles liebt. Dann fragte sie mich, ob ich sie kennen würde. Wie sollte ich sie nicht kennen? Schon mehrfach stand sie mit ihrem Auto am Straßenrand, hat uns zugewunken und uns fotografiert. Nicht nur an ihren tätowierten Arm, sondern vor allem an ihr strahlendes Lächeln habe ich mich erinnert.
Am nächsten Tag, nach der Abfahrt, rief mir jemand aus einem Fenster zu: “ Gute Reise, Viola!„ - “Alles Gute für Dich, Nastja!„ rief ich auf Russisch zurück. Und ihr strahlendes Lächeln war meine Antwort.
Als wir in Deutschland mit unserer Mission starteten, hätte ich nie geglaubt, so viele zustimmende Reaktionen von den Menschen auf dem Weg zu erhalten. Mit Pferden Frieden bringen. Eine “kleine„ Aktion fernab der großen Politik. Das wurde möglich durch eine Handvoll Enthusiasten mit Thomas Haselhoff an der Spitze. Durch die Spenden der friedliebenden Menschen in Deutschland, durch Sachspenden in Form von Quartier und Unterkunft in unseren Gastgeberländern und vor allem durch unsere großartigen Pferde: unsere Titanen!
Die Lebensfreude, die unsere Aktion bei den Menschen, denen wir begegnen, auslöst, das ist ein Zeichen des Friedens. Daran glaube ich ehrlich und wahrhaftig, und die Millionen Menschen am Wegesrand geben mir recht!“
Gottes Segen wünscht Helmut Kautz (Pfarrer von Brück)