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Botschafter von Geyr anlässlich der Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Ilja Altman

Verleihung des Verdienstkreuzes an Ilja Altman

Verleihung des Verdienstkreuzes an Ilja Altman, © Deutsche Botschaft Moskau / Elena Kvita

26.01.2022 - Rede

Ansprache von Botschafter Géza Andreas von Geyr anlässlich der Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Herrn Ilja Altman, Gründer und Co-Vorsitzender des Russischen Forschungs- und Bildungszentrums „Holocaust“ in Moskau.

*** Es gilt das gesprochene Wort ***

Sehr verehrter Herr Altman,

es ist mir eine große Freude, Sie jetzt zu einer ganz besonderen Zeremonie zu bitten. Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Frank-Walter Steinmeier, hat Ihnen das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Es ist für mich eine besondere Ehre, Ihnen heute diese hohe Auszeichnung meines Landes zu überreichen. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich!

„Besondere Ehre“ – das ist oft leicht und schnell gesagt. Der heutige Anlass bedeutet aber mir als Deutschem Botschafter und auch persönlich sehr viel. Es ist ein besonders wichtiger und kostbarer Tag.

Sie leiten das Forschungszentrum „Holocaust“ hier in Moskau. Der Holocaust ist das furchtbarste Verbrechen, das wir kennen. Von Nazi-Deutschland begangen, es bleibt für immer in der historischen Verantwortung meines Landes.

Wenn wir uns heute zu dieser Zeremonie treffen, dann ist dies am Vorabend des internationalen Holocaust-Gedenktags, des Tages der Befreiung von Auschwitz. In Deutschland wird morgen, wie in jedem Jahr, von Regierung und Parlament gemeinsam an den Holocaust erinnert.

Verleihung des Verdienstkreuzes an Ilja Altman
Verleihung des Verdienstkreuzes an Ilja Altman© Deutsche Botschaft Moskau / Elena Kvita

Zugleich sind heute erst wenige Tage seit dem 80. Jahrestag der Wannseekonferenz vergangen. Dokumentationen über dieses Treffen lassen einen erschaudern, mit welch schrecklicher Gründlichkeit und bürokratischer Effizienz die Vernichtung von Millionen Menschen geplant wurde.

„Nie wieder!“ Das ist Auftrag deutscher Politik. Und an diesen Auftrag ist alle deutsche Politik gebunden, wenn der erste Artikel in unserer Verfassung sagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Wir Deutsche wissen um unsere Verantwortung - sie wiegt schwer, wir tragen sie und wir bleiben ewig dankbar, dass nach dem unermesslichen Leid Versöhnung möglich war.

Zu dieser Verantwortung für das „Nie wieder!“ gehört, dass wir uns dafür einsetzen, dass das, was geschehen ist, zu lesen, zu sehen, zu hören ist und bleibt.

Sie, Herr Altman, stehen mit Ihrer Persönlichkeit dafür, dass Erinnerung nicht verblasst, sondern präsent bleibt. Mit Ihrer Arbeit helfen sie Deutschland, sich seiner Geschichte zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.

Als Gründer und Co-Vorsitzender des Russischen Forschungs- und Bildungszentrums „Holocaust“ in Moskau haben Sie in der Holocaust-Forschung eine Schlüsselposition inne und haben Kooperationen mit Yad Vashem, dem Simon Wiesenthal Center, dem United States Holocaust Memorial Museum, dem Memorial de la Shoah in Paris, dem Haus der Wannsee-Konferenz, der deutschen Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und dem Jüdischen Museum in Berlin ins Leben gerufen.

Schon früh haben Sie die Bedeutung der Lehrer als Multiplikatoren gegen den Antisemitismus erkannt und sich verdient gemacht um die stärkere Integration des Themas Holocaust in die Lehrpläne von Mittel- und Hochschulen. Denn gerade die junge Generation muss gut über den Holocaust informiert sein, damit das „Nie wieder“ gelingt! Eines der Projekte, die ein Bewusstsein für die Geschehnisse der Vergangenheit schaffen, ist der internationale Wettbewerb „Lehren des Holocausts – ein Weg zu mehr Toleranz“.

Sie haben sich mit dem Zentrum in erster Linie die Aufklärung über den Genozid an den Juden während des Zweiten Weltkriegs zur Aufgabe gemacht, unter anderem durch Gründung einer Fachbibliothek mit einer Vielzahl an Büchern in verschiedenen Sprachen zum Thema Holocaust in der Sowjetunion.

In zahlreichen Interviews mit Zeitzeugen haben Sie die Bedeutung der Erinnerung für unsere beiden Gesellschaften hervorgehoben. Die regelmäßige Durchführung von Gedenkveranstaltungen macht die Vergangenheit und ihre Folgen in einer besonderen Weise in unserer heutigen Zeit spürbar.

Besonders hervorheben möchte ich auch die von Ihnen erarbeitete Wanderausstellung „Der Holocaust: Vernichtung, Befreiung, Rettung“, die in den Parlamenten der Russischen Föderation, Israels, Tschechiens und Argentiniens sowie am Hauptsitz der Vereinten Nationen und der UNESCO ausgestellt wurde und die die Rolle der Roten Armee als Befreier mehrerer nationalsozialistischer Konzentrationslager in den Fokus rückt.

Sie sind als Wissenschaftler und Historiker international im hohen Maße renommiert. Und: Mit Ihrer Arbeit leisten Sie einen einzigartigen, wichtigen Beitrag zum Miteinander der Menschen unserer beiden Länder.

Lieber Herr Altman,

in Würdigung Ihrer großen Verdienste um die deutsch-russischen Beziehungen überreiche ich Ihnen jetzt das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

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