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„Wissenschaftskooperation ist Zukunftskooperation!“

Botschafter Dr. Géza Andreas von Geyr

Botschafter Dr. Géza Andreas von Geyr, © Deutsche Botschaft Moskau / Nikita Markov

29.06.2021 - Interview

Botschafter von Geyr im Interview mit DWIH

— Herr Botschafter, warum ist die deutsch-russische wissenschaftliche Zusammenarbeit wichtig?

— Weil: Wissenschaftskooperation ist Zukunftskooperation! Damit zeigen die beiden Länder, dass sie beide ein strategisches Interesse daran haben, große, teils epochale Zukunftsthemen gemeinsam anzugehen, auch mit oft bedeutenden Investitionen in gemeinsame Projekte. Drei Beispiele von vielen: Mit dem deutschen Röntgenteleskop eROSITA an Bord der russischen Raumsonde Spektrum-Röntgen-Gamma wird der bisher tiefste Blick in den Röntgenhimmel ermöglicht. Tiefe und außerordentlich wichtige neue Einblicke in die Beschaffenheit unseres Planeten hat die internationale Arktis-Expedition MOSAiC im vergangenen Jahr ergeben, mit hervorragendem Zutun deutscher und russischer Eis- und Klimaforscher. Dubna und Darmstadt, beide Wissenschaftsstädte, arbeiten an gemeinsamen Projekten im Bereich der Kernphysik. Dieser Zusammenarbeit verdanken wir die Entdeckung von neuen superschweren Elementen: Darmstadtium, Flerovium und Moscovium.

Und beide Länder zeigen ihre Überzeugung, dass in unserer globalisierten Welt wissenschaftlicher Erfolg immer stärker vom internationalen Austausch und Begegnungen von Studenten und Wissenschaftlern abhängt – und von der Bereitschaft zu gemeinsamem Erkenntnisgewinn.

Deshalb: Wir sind stolz darauf, dass, wenn sich derzeit junge Russen für ein Auslandsstudium entscheiden, viele – ungefähr ein Viertel – nach Deutschland kommen. Ich hoffe sehr, dass sich dieses Miteinander in beide Richtungen weiter intensivieren wird. Und ich sage sehr bewusst dazu: Dieser langfristige Blick ist wichtig auch für die Beurteilung unserer politischen Beziehungen.

— Welche Auswirkung hat die Covid-19-Pandemie auf wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland?

— Wie fast überall auf der Welt, haben auch die akademischen Reisemöglichkeiten zwischen Deutschland und Russland sehr gelitten – leider, denn das unmittelbare Erleben von Studium und Forschung in einem anderen Land ist durch nichts zu ersetzen und ich hoffe sehr, dass hier bald wieder Normalität einkehren kann.

Die gute Nachricht aber ist: wichtige Wissenschaftsprojekte waren und sind COVID-resistent. Die einzigartige MOSAiC-Expedition in die Arktis etwa hat bestens geklappt, unser Forschungsschiff kehrte im vergangenen Oktober mit einer durchaus sensationellen Datensammlung zum Klimawandel in seinen Heimathafen zurück.

— Wie sehen Sie die Zukunft der deutsch-russischen Beziehungen im Bereich der Wissenschaft und Innovation?

— Unsere Zusammenarbeit hat größtes Potenzial. Die Leistungsfähigkeit der Forschung ist in beiden Ländern hoch, das Interessenspektrum breit, die politische Priorisierung gegeben. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Zusammenarbeit leisten das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) in Moskau und seine Partner im deutschen Wissenschaftsnetzwerk.

Es ist gewiss nicht von Ungefähr, dass beispielsweise bei Forschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen den Corona-Virus Institute unserer beiden Länder mit an der Spitze liegen.

Wir sind bereit, weiterhin auf ein starkes Miteinander zu setzen. So haben wir nach einem Themenjahr, das der Bildungs- und Wissenschaftskooperation gewidmet war, gerade ein neues deutsch-russisches Themenjahr begonnen, das wieder ganz bewusst auch dem Wissenschaftsaustausch seinen Platz gibt: „Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung“.
Entscheidend für die Zukunft unserer Kooperation wird aber sein, dass wir beide an einer fundamentalen Überzeugung festhalten: Innovationskraft braucht den offenen wissenschaftlichen Diskurs vielfältiger Überlegungen und Ansätze, und: Innovationskraft braucht ein Maximum an internationalem Austausch zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in Moskau (DWIH)

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