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Grußwort Botschafter von Geyr anlässlich der Eröffnung des VII. Jugendforums Potsdamer Begegnungen

25.03.2021 - Rede

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

Botschafter Dr. Géza Andreas von Geyr
Botschafter Dr. Géza Andreas von Geyr© Deutsche Botschaft Moskau

ich grüße Sie sehr herzlich zu Ihrem Forum. Ich freue mich sehr über die Einladung, heute kurz zu Ihnen sprechen zu können. Ich hätte das gerne so gemacht, dass ich für die Diskussion bei Ihnen bleiben kann. Das ist leider nicht möglich, deswegen ist es mir wichtig, dass ich vorne weg Ihnen für Ihren heutigen Tag, für Ihre Diskussion zumindest einige Gedanken mitgeben kann.

Ihr Forum kommt genau zu richtigen Zeit. Wenn die Zeiten schwierig sind, dann muss man überlegen, wie weiter, wie weiter mit der deutsch-russischen Partnerschaft. Man muss gemeinsam überlegen, wie weiter.

Ich möchte den ersten Gedanken damit beginnen, dass sich die Menschen in unseren Ländern, in Deutschland, in Russland, nahe sind. Wir sind uns historisch verbunden, in guten Zeiten und auch in sehr, sehr schwierigen Zeiten gewesen. Das Entscheidende heute aber sind die wesentlichen Interessen unserer Länder. Und was das zukünftige Deutsch-Russische anbelangt, das Thema des Forums, möchte ich in meinem ersten Gedanken Ihnen zum wichtigsten Interesse etwas sagen, und das ist das langfristige Miteinander.

Ich denke, es ist klar, von deutscher Seite haben wir das Interesse an einem langfristig, strategisch guten Miteinander mit Russland. Dies gilt übrigens auch für die Beziehung der Europäischen Union zu Russland. Beides, das bilaterale, deutsch-russische, europäische-russische, ist da in meiner Sicht nicht trennbar. Und dieses Interesse am langfristigen, guten Miteinander, das sage ich als Historiker, mit dem Blick in die Vergangenheit, aber auch als Politikwissenschaftler mit dem Blick in die Zukunft und eben auch als Botschafter. Wichtig ist, dass wir dieses Bekenntnis beiderseits äußern, klar äußern, dass wir mit Herz, aber auch mit dem Kopf das Interesse haben, am langfristig guten Miteinander.

Das bringt mich zum zweiten Interesse, das genauso wichtig ist. Und das ist auch mein zweiter Gedanke, den ich mit Ihnen teilen möchte.

Es geht um die Prinzipien des Miteinanders, des Zusammenlebens von Menschen und von Staaten. Hier geht es darum, dass diese Prinzipien respektiert und gewahrt werden, zumal im gemeinsamen Raum Europa, der auch Rechtsraum ist, des Völkerrechts, des Europarechts, der OSZE, von Vereinbarungen und Verträgen, an die wir gebunden sind.
Oder anders formuliert, jedes Land und jeder Mensch muss sich darauf verlassen können, dass gemeinsam beschlossene Regeln gelten. Es kann keinen Rabatt geben für große Länder, für wichtige, für Freunde und auch nicht für uns selbst bei diesen Prinzipien. Und hier, hier sind die derzeit zwischen uns liegenden großen Probleme angesiedelt. Es sind, im Übrigen, so gut wie alle diese Probleme, nicht deutsch-russische, sondern es sind sehr kläre völkerrechtliche Positionen von 27 EU-Europäern und vielen mehr Staaten. Es geht um unser Interesse, hier gradlinig zu bleiben und
das werden wir auch, um klar zu bleiben an der Seite des Völkerrechts und der Menschenrechte.

Es geht eben nicht um die Einmischung in innere Angelegenheiten, wenn es beispielsweise um die Menschenrechtslage geht. Wir müssen also, und das ist jetzt auch die Aufgabe Ihres Forums, über diese beiden Interessen viel miteinander reden, so viel wie möglich, weil uns das Deutsch-Russische am Herzen liegt und weil unsere globalisierte Welt nach Austausch verlangt, nach Diskussion und Austausch.

Das bringt mich auch schon zu meiner dritten Bemerkung: Austausch und Begegnungen.
Gerade jetzt ist es wichtig, die Sichtweisen, die Argumentationen, die Sorgen, die Nöte, die Wünsche des Anderen zu verstehen und so zu Verständnis zu kommen. Das braucht den Austausch.
Wer macht diesen Austausch? Natürlich die Regierung, aber eben auch die Verbände, die Universitäten, die Hochschulen, Künstler, Kulturschaffende, Menschen in ihrem Miteinander.

Genau darum geht es auch bei Ihrer heutigen Veranstaltung. Und das Deutsch-Russische Forum leistet einen ganz, ganz großen Beitrag zu diesem Austausch, zu diesem wichtigen Austausch einen wichtigen Beitrag mit all seiner Arbeit.

Gerade das Jugendforum möchte ich dabei ansprechen. Seien Sie neugierig aufeinander, entdecken Sie einander, die Unterschiede und natürlich auch die Gemeinsamkeiten. Einander zu kennen, ist die beste Basis für eine gute gemeinsame Zukunft. Und dieses Kennen, das Verstehen, das Verständnis braucht internationalen Austausch mehr denn je. Und auch für die Zukunft gesprochen, in unserer globalisierten Realität geht es gar nicht ohne. Wir brauchen Weltoffenheit und Offenheit.

So verstehen wir übrigens auch das Deutschlandjahr in Russland. Wir zeigen nicht ein Idealbild unseres Landes, sondern eben die Vielfalt von Kultur, der Diskussionen, der Meinungen, immer mit dem Wunsch auch zum Dialog mit den Russen, zu Begegnungen. Das ist uns wichtig.
Wir müssen und wollen Begegnungen und dem Austausch Luft geben, Freiheit.
Begegnungen jeder Art zwischen Russen und Deutschen sind gut. Zumal der jüngeren Generationen und zumal in unserer globalisierten Realität und Zukunft. Der Austausch, ich will es mal so sagen, der Austausch ist für mich die Hoffnung und nicht eine Sorge.

Wenn das so ist, dann muss ich aber schon dazu sagen, dass das Konzept und auch schon die Titulierung der Gesetzesvorhaben und bereits beschlossenen Gesetze in dem ganzen großen Bereich „ausländische Agenten“ uns Sorgen macht, große Sorgen macht. Sorgen macht allen, die sich eben für das Miteinander, für den Austausch, für die Offenheit einsetzen. Das gilt für den Kulturbereich, die Wissenschaft, den Jugendaustausch, die Arbeit der Journalisten, der Stiftungen, und, und, und...
Und ich glaube, das macht auch vielen Russen durchaus Sorgen.

Damit zurück zum Anfang.
Wenn wir beherzigen, woran uns liegt, am guten Miteinander und ebenso am Einhalten der Regeln, wenn wir eine gemeinsame gute Zukunft, und dafür auf Austausch und Offenheit setzen, diese gute Zukunft wollen, dann können wir auch schwierige Zeiten gemeinsam gut bestehen. Ich meine es durchaus ernst, wenn ich sage, dass ich überzeugt bin, Deutschland und Russland, die Menschen mögen einander und die Länder brauchen einander.

Dieses Jahr werden wir gedenken des 80ten Jahrestages des Überfalls Nazideutschlands auf die Sowjetunion. Wir Deutsche wissen um unsere Schuld. Das wichtigste Symbol der Nachkriegszeit ist die eingerissene Berliner Mauer. Wir Deutsche wissen, dass ohne die Sowjetunion der Fall des Eisernen Vorhangs so friedlich nicht möglich gewesen wäre. Auf der Mauer befindet sich ein wichtiger, ein zukunftsweisender Spruch, den möchte ich Ihnen heute noch mitgeben:
„The World is too small for walls“.

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