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Ansprache des Botschafters von Geyr anlässlich der Verleihung des deutsch-französischen Menschenrechtspreises an Irina Birjukowa

Verleihung des deutsch-französischen Menschenrechtspreises an Irina Birjukowa

Verleihung des deutsch-französischen Menschenrechtspreises an Irina Birjukowa, © Ambassade de France en Russie

08.12.2019 - Rede

Stenogramm der Rede

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
So steht es in Artikel 1 der Verfassung Deutschlands, des Grundgesetzes.
Dieser Satz verkörpert in seiner Prägnanz das Wesentlichste des Wesentlichen, das wofür mein Land steht.
In diesem Satz findet sich die Lehre, die wir Deutsche 1949 gezogen haben aus unserer schwierigen Geschichte der Jahrzehnte zuvor,
dieser Satz bezeugt unsere Verantwortung im Angesicht der Weltkriege und des Kulturbruchs der Shoah.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – dies gibt zugleich allem staatlichen Tun die zentrale Vorgabe, es markiert eine unbedingte, unumstößliche Grenze
und dieser Satz fordert vom Staat und von Allen den unbedingten Schutz der Menschenwürde.
Damit steht Deutschland auf die Seite der Menschenrechte.
Anders kann es nicht sein.

Wenn wir heute an den Tag denken, an dem im Dezember 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündet wurde, tun wir dies im Bewusstsein, dass wir den ständigen Auftrag haben, die Menschenrechte zu schützen – in unseren eigenen Ländern, in Deutschland, in Frankreich, und selbstverständlich auch darüber hinaus.
Es ist seit dem Dezember 1948 die Völkergemeinschaft, die uns allen diesen Auftrag gibt. Denn die Rechte des Menschen gelten überall und für jeden.
Dazu gehört, dass wir uns klar bekennen zu den Menschenrechten, dass wir sie selbst achten, dass wir Missbrauch benennen, dass wir Opfer schützen
und dass wir uns auch als Staaten für die einsetzen, die sich für die Menschenrechte einsetzen.
Wir tun dies dort, wo es bequem und angenehm ist, und wir tun dies auch dort, wo es unbequem ist.
Und wir tun dies dort, wo die Beschützer der Menschenrechte Risiken ausgesetzt sind.

In diesem Sinn haben die Außenminister Deutschlands und Frankreichs vor einigen Jahren den Deutsch-Französischen Menschenrechtspreis geschaffen. Jedes Jahr werden in mehreren Ländern herausragende Persönlichkeiten geehrt, die sich ganz besonders für Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit einsetzen.
Dabei ist auch das Deutsch-Französische Miteinander ein besonderes und wichtiges Zeichen.
Unsere beiden Länder sind sich eng verbunden, die Menschen sind es, wir beide, Sylvie, stehen bei vielen Anlässen hier in Russland nebeneinander.
Heute tun wir dies besonders gerne, denn der gemeinsame Einsatz für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit berührt den Kern dessen, was uns über viele Jahrhunderte getrennt hat und uns heute und in unserer Zukunft in und für Europa verbindet.

In diesem Jahr haben unsere beiden Außenminister entschieden, eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit zu ehren: Irina Birjukowa.
Liebe Frau Birjukowa,
Sie sind eine hervorragende Wahl, Sie stehen in hervorragender Weise dafür, dass der Einsatz für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit vieles braucht:
Klugheit, innere Überzeugung, Überzeugungskraft, Geduld, Beharrlichkeit, Herz, und, ja, auch Mut und Courage.
Sie haben all dies bewiesen mit Ihrem mutigen Eintreten dort, wo Menschenrechte missachtet wurden, wo Menschen Unrecht und Leid zugefügt wurde. Und dies über viele Jahre hinweg.

Ich möchte nur eines Ihrer Aktivitätsfelder nennen: Folter.
Ich zitiere Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:
„Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“
Dieser Satz bindet alle staatliche Gewalt, überall auf der Welt.
Sie haben von Folter erfahren und Sie haben dies benannt und Sie haben dies dokumentiert und mit Mut und Überzeugung öffentlich gemacht.
Es ist Menschen wie Ihnen zu verdanken, dass so Aufmerksamkeit generiert wird und ein Verfahren in Gang kommen kann, dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden, dass andere Opfer den Mut finden Menschenrechtsverletzungen zu benennen und aufzuklären, und dass Vorkehrungen getroffen werden, dass so etwas nicht weiter passiert, dass verhindert wird, dass auch andere solch ein Leid erfahren müssen.

Sie arbeiten in einem schwierigen, ja für Sie und Ihre Familie auch gefährlichen Umfeld. Einem Umfeld, in dem wir Tendenzen sehen, die die Wirkungsmöglichkeiten für Menschenrechtsvertreter stärker einschränken und verengen, statt sie auszuweiten und zu fördern. Dies macht uns Sorgen.
Sie treten ein gegen Unrecht, gegen Gleichgültigkeit, für Wahrheit, für Transparenz, für Rechtstaatlichkeit, für Menschenrechte.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ -
wir alle, die wir heute hier sind, viele Menschen in Ihrem Land, die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, viele Menschen in unseren beiden Ländern und weit darüber hinaus haben großen Respekt für Ihr Engagement!
Ihnen vielen Dank und herzlichen Glückwunsch

Hintergrund


Deutsch-Französischer Preis für Menschenrechte
Deutsch-Französischer Preis für Menschenrechte© AA

Deutschland und Frankreich vergeben in diesem Jahr zum zweiten Mal anlässlich des Tages der Menschenrechte (10. Dezember) den Deutsch-Französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Ziel des Preises ist es, Persönlichkeiten zu würdigen und zu unterstützen, die sich in ihrem Heimatland, in anderen Ländern und auf internationaler Ebene um den Schutz und die Förderung der Menschenrechte verdient gemacht oder Initiativen zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit ins Leben gerufen haben.

Deutsch-Französischer Preis für Menschenrechte
Deutsch-Französischer Preis für Menschenrechte© AA
Mit dem Preis setzen Deutschland und Frankeich ein deutliches Signal für ihr Engagement und ihre gemeinsame Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Menschenrechte. Die Ehrungen erfolgen in diesem Jahr in den Gastländern der Preisträgerinnen und Preisträger durch die jeweiligen deutschen und französischen Botschafterinnen und Botschafter.

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