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Grußwort von Staatsministerin Müntefering zur Feierstunde anlässlich 40 Jahren Städtepartnerschaft zwischen Dortmund und Rostow am Don

04.05.2018 - Pressemitteilung

--es gilt das gesprochene Wort --


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Sierau,
sehr geehrter Herr Botschafter Netschajew,
sehr geehrter Herr Kuschnarew,
liebe Bürgerinnen und Bürger aus Rostow und Dortmund,


Herzlichen Dank - für die freundliche Einladung, lieber Herr Oberbürgermeister Sierau, heute mit Ihnen und Ihren Gästen zu feiern. Das 40–jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Dortmund und Rostow am Don ist ein guter Grund!

Ich bin auch gern dabei, denn die deutsch-russischen Städtepartnerschaften liegen mir sehr am Herzen.


Aber: wer hätte gedacht, dass deutsche Außenpolitik schon in Dortmund anfängt!

Letzte Woche habe ich in Berlin im Auswärtigen Amt den russischen Botschafter, Herrn Netschajew, kennen gelernt. Eine Begegnung, die in mir auch meine persönlichen Erinnerungen wieder wach gerufen hat.


Die Erinnerung an die russische Sprache, lieber Herr Botschafter, die ich während meiner ersten Schuljahre lernen konnte. Und die Erinnerung an die russischen Märchen, die wir als Kinder in der Schule sogar auf die Bühne gebracht haben. Auch wenn meine Sprache heute brach liegt - eine Lehre bleibt!


Diese russischen Volksmärchen erzählen über das Leben der Menschen, über Freundschaft und Verbundenheit und darüber, wie man gemeinsam den Gefahren und Widrigkeiten des Alltags trotzen kann.


Das „Märchen vom Rübchen“ etwa, ist mir in Erinnerung: Alle müssen gemeinsam an ihm ziehen, um es schlussendlich zu ernten.


Trotz aller Schwierigkeiten, die es zwischen unseren Ländern und Europa und Russland gerade gibt, sollten wir uns immer wieder gemeinsam daran erinnern: dass man am Ende an einem Strang ziehen muss, wenn Gutes erreicht werden soll.


Sehr verehrte Damen und Herren!


Städtepartnerschaften sind auch deswegen so bedeutsam. Weil sie viele Menschen einladen, mitzutun. Sie eröffnen Räume für Begegnung von Bürgerinnen und Bürgern, von Schülerinnen und Schülern, von Sportlern oder Künstlern.


Sie ermöglichen den Erfahrungsaustausch: der Fachleute in den Rathäusern, etwa über Fragen der Stadtentwicklung oder den Strukturwandel, der hier in unserer Region noch nicht abgeschlossen, aber mit Fleiß und Phantasie gemeistert wurde.

Meine Heimatstadt Herne, (nicht Herne-West!), rund 20 Kilometer von hier, hat zum Beispiel mit Belgorod in Russland eine Partnerschaft - eine Kommune, die einen ähnlichen Strukturwandel zu bewältigen hat.


Städtepartnerschaften sind damit ein wichtiger Teil unserer Außenpolitik: Sie sind Außenpolitik von unten, eine Außenpolitik der Zivilgesellschaft, im besten Sinne.

Dieses Potential der Völkerverständigung, das Potential der Städte und Gemeinden in den Internationalen Beziehungen - das müssen wir weiter fördern!


Das „Deutsch-russische Jahr der kommunalen und regionalen Partnerschaften“, das von den Außenministern Deutschlands und Russlands im Juni in Krasnodar eröffnet wurde, ist deswegen ein guter, ein richtiger Weg, den wir weiter beschreiten müssen.


Das Ziel dieses Vorhabens, das bereits angelaufen ist, ist ehrgeizig: Es soll die deutsch-russischen Städtepartnerschaften stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken und Anregungen geben für die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen, die unsere beiden Länder beschäftigen.


Wie gehen wir um mit einer veränderten Arbeitswelt, die sich gerade angesichts der Digitalisierung von Arbeits- und Produktionsprozessen rasant wandelt? Wie sehen die Städte von morgen aus? Wie funktioniert der Nahverkehr? Haben wir genug Möglichkeiten, Kultur in den Städten zu fördern?


Den Kommunalpolitikern, da bin ich sicher, werden die Themen da so schnell nicht ausgehen - sind es doch gerade die Kommunen, die Orte, an denen sich entscheidet, wie eine Gesellschaft letztlich funktioniert.


Auch Dortmund und Rostow haben eine Reihe von Ähnlichkeiten, die sie einander nah bringen und die die geographische Entfernung zweitranging erscheinen lassen:

• Beide Städte wurden Mitte des 19. Jahrhunderts durch die industrielle Entwicklung mit tiefgreifenden Veränderungsprozessen konfrontiert.
• Beide Städte haben im 20. Jahrhundert, nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs, den das nationalsozialistische Deutschland entfesselt hatte, mutige Frauen und Männer gehabt, die einen Neuanfang wagten. Dafür sind wir in Deutschland bis heute sehr dankbar.


Die damalige Entscheidung, eine Partnerschaft zwischen einer westdeutschen und einer sowjetischen Stadt zu gründen, das war dabei nur ein erster Schritt.


Noch wichtiger waren - und sind - die Menschen von Dortmund und Rostow, die diese Partnerschaft mit Leben füllen und die ein dichtes Netz von Kontakten aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur geknüpft haben.


Ein sehr schönes Beispiel der Dortmund-Rostow-Zusammenarbeit ist das seit 2005 bestehende „East-West-Jazz-Orchestra“, in dem Musiker aus beiden Städten gemeinsam auftreten, in Deutschland, Russland und andernorts. Hier arbeiten die Künstler eng zusammen und schaffen ihre gemeinsamen Werke. Diese Räume der Zusammenarbeit und der Kommunikation ermöglichen gleichzeitig auch neue Perspektiven, die wir immer brauchen, wo Verständigung erreicht werden soll.


Dieses Verständnis füreinander brauchen wir auch in der nächsten Generation: Denn es sind die jungen Menschen, die Frieden zwischen unseren Völkern bewahren und unsere Gesellschaften morgen mitgestalten werden. Der Austausch zu fördern, aber auch das historische Bewusstsein zu schärfen, habe ich mir für meine Arbeit als einen Schwerpunkt gesetzt.


Begegnungen und Freundschaften erleichtern vieles und sie sind gerade dann besonders wertvoll, wenn die bilateralen Beziehungen auf politischer Ebene komplizierter werden - gleichzeitig aber Vertrauen und Dialog dringend nötig sind.


Sehr geehrter Herr Botschafter,


ein russisches Sprichwort sagt es ganz treffend:„Freunde zu finden ist leicht, schwieriger ist ein Freund zu sein.“


Unsere Zusammenarbeit mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft wollen wir gerade deswegen fortsetzen, weil wir auch wissen: Beide Seiten sind für das Gelingen dieser Projekte verantwortlich. Beide Seiten mögen daher dafür sorgen, sowohl finanzielle Mittel bereitzustellen, als auch den notwendigen Freiraum für diesen offenen Austausch zu schaffen – ohne staatliche Einflussnahme oder erschwerender Beschränkungen.


Sehr geehrte Damen und Herren!


40 Jahre Städtepartnerschaft zwischen Dortmund und Rostow - das ist bereits an sich eine großartige Sache!


Sie setzen heute noch „eins drauf“: Nämlich die Unterzeichnung für ein „Zentrum für den deutsch-russischen Austausch“.


Das weist in die Zukunft und macht einmal mehr deutlich, wie sehr beide Seiten auf diese Partnerschaft bauen.


Sie stehen mit Ihrem Engagement damit für das, was ich mir für das deutsch-russische Verhältnis wünsche.


Also: Lassen Sie uns gemeinsam an diesem „Rübchen“ ziehen!

Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum.

Śpaßiba! (Danke!)


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